Geschrieben von Rudolf Bienas †
Ein Abriß Teil VI
Jürgen Martens (auch Georg M. genannt) begann 1594 zu schlagen, nachdem er auf die Reichsmünzordnung (nicht auf die Münzordnung der Vier Städte!)l vereidigt wurde. Es finden sich vom Taler bis zum Scherf Stücke mit der Jahreszahl von 1594 bis 1600 2. Zwei Jahre später finden wir auch Goldgulden, allerdings ohne Jahr, so dass auf ihn nur geschlossen werden kann, es sei denn, man bezieht sich auf die Angaben des Genaralwardeins Christof Biener. Hingegen sind die Goldgulden von 1597 laut Münzmeisterzeichen ihm relativ sicher zuzuordnen3. Lange prägte Jürgen Martens nicht in Wismar, denn 1600 verstarb er4. Nachfolger wurde sein Sohn Michael Martens, wenn auch vorerst ad interim. Mai 1601 schwor er seinen Münzmeister-Eid. Interessant ist, dass der frühere Münzmeister Andreas Reimers, der 1580 bis 1594 prägte5, ab 1602 bis zu seinem Tode1606 das Amt des Wardeins übernahm. Mit Michael Martens gab es aber des öfteren Probleme, auch als der Nachfolger Reimers, Cyriacus Klein, sein Amt angetreten hatte. Michael Martens kam auch durch private finanzielle Probleme in Schwierigkeiten, so das er sein Amt verliess und auswärts sein Glück versuchte. Zwischenzeitlich gab es einen Skandal, als der Bruder des Michael, Johann Martens, versuchte, durch illegale Prägungen, die Schulden seines Bruders abzutragen. Diese Tätigkeit führte zu dem sog. Kupfergeldprozeß von 1612 6, in den eine Reihe von Leuten verwickelt wurden. 1615 kündigte Michael seinen Dienst, den er ja ohnehin nicht ausübte, offiziell auf. Erst wesentlich später hatte er seine Schulden bei der Stadt getilgt. Wegen all dieser Wirren versuchte Cyriacus Klein sein Amt zur Verfügung zu stellen, was aber vom Rat der Stadt nicht akzeptiert wurde: Der nächste Münzprobationstag7 im Jahr 1613 mußte doch beschickt werden. Man hätte also weder den Münzmeister, noch den Wardein dahin schicken können. Die Lösung kam durch den Herzog Adolf Friedrich. Er empfahl der Stadt den Simon Lüdemann, der für den Herzog geprägt hatte. Zwar hatte Lüdemann schon 1609 falsche Doppelschillinge geschlagen, blieb aber doch in mecklenburgischen Diensten. Er bewarb sich in Wismar, stellte sich vor und wurde angenommen. So prägte Lüdemann Doppelschillinge gleichzeitig in Gadebusch für den Herzog und in Wismar . Diese waren aber nicht mehr offiziell im Niedersächsischen Kreis erlaubt. Bei Kontrollen vor Ort wurde zu geringe Feinheit festgestellt, während die Werke in der Fahrbüchse stets gut ausfielen. Der Herzog verbot Lüdemann die Prägung der DS. Etwas ungewohnt war, dass die Wismarer Münze durch einen Münzverwalter Schröder betrieben wurde, welcher dem Lüdemann dafür 50 % des Münzgewinnes zukommen ließ. Lüdemann stand in Verdacht einen verbotenen Geldwechsel und eine nicht legale Art des Silberaufkaufes zu führen. 1617 wurde bei, seinem Sohn eine größere Menge aufgewechselten Geldes gefunden, so dass Lüdemann in den Verdacht der Kipperei8 kam, auch wenn er dies den Lübeckem vorwarf. Nur die Rückenstärkung durch den Herzog ließ ihn ungeschoren davon kommen. 1618 sollte er für Wismar neue Taler schlagen, begann auch, sah aber die Möglichkeit, wieder seine unterwertigen Doppelschillinge zu prägen. Das führte dazu, dass sich Lübeck über diese stark unterwertigen Münzen beschwerte, und auch weitere Schritte androhte. Eine Kontrolle im Münzhaus brachte den Beweis: Für zirka 8000 unterwertige Münzen wurde Material gefunden und in einem Kasten versiegelt. Einige Tage später war das Silber verschwunden, ohne da dass das Siegel erbrochen war! Der Rat von Wismar wollte nun seinen Münzmeister schnellstens los werden. Am 14. 11.1618 erklärte er sich des Vorwurfes schuldig und wollte Verantwortung und entstandenen Schaden tragen. Er bekam sein beschlagnahmtes Silber zurück, ging nach Gadebusch und prägte mit auf 1617 zurückdatierten mecklenburgischen Stempeln (um eine bessere Qualität vorzutäuschen). Seine Stücke wurden in Lübeck und Hamburg auf 20 Pfenninge valviert 9. Dieses führte dazu, dass der Herzog, eine Woche danach Lüdemann verhaften ließ. Der Wismarer Rat untersuchte nun die Verfehlungen des Münzmeisters, des ‚Münzverwalters Schröder und des Münzwardeins Ciriacus Klein und machte den letzteren den Prozeß. Lüdemann hatte mit großer Wahrscheinlichkeit in Wismar fast 200 000 schlechte Münzen geprägt. Dazu rief der Rat Gutachten verschiedener Juristen an. Die Unterlagen des Prozesses wurden vom Herzog im Mai 1619 angefordert. Der Herzog ließ sich aber nicht von den recht milden Urteilen der Juristen leiten, die nur Auspeitschung, Landesverweisung und Vermögenseinzug beinhalteten. Am 19. Juli 1619 wurde der Münzmeister Lüdemann in Schwerin enthauptet. Sein Vermögen bekam zu 75% der Herzog.
1) Die Vierstädte waren: Lübeck, Hamburg, Lüneburg und Wismar
2) Grimm, E.: Die Münzen und Medaille der Stadt Wismar: S.5
3) Kunzel, M.:Münzen d. Hansestadt Wismar 1359-1854: Nr. 81, nicht bei Grimm
4) Kunzel: S.65; ebenso angeführt bei Grimm S.5
5) Kunzel: S.63: verzichtete auf sein Amt, erhielt aber erst 1597 seine Entlassung.
6) Kunzel: S.73-77 ausführliche DarstelIng des Prozesses
7) Auf den Probationstagen wurden die in den Probier-(auch Fahr-)dosen befindlichen Münzen auf Fein- und Rauhgewicht überprüft. Sie waren von den Münzmeistern in ein Papier gewickelt, auf welchem notwendige Angaben standen (Werknummer, Datum Rauhgewicht und Feingehalt) zur Kontrolle in diese Dosen gelegt.
8) Hier: Man versuchte durch „Auskippen“ guter älterer Münzen und danach erfolgtem Einschmelzen seinen Gewinn zu machen: (Kipper-Wipper-Zeit um 1620 und um 1680)
9) Ist Festsetzung des Wertes von fremden zu eignen Münzen, de facto ist das eine Art Kurszettel für den Geldwechsler und Händler